Tagebuch

Freitag, der 22. Juli 2005
Das Wochenende von Florian und Karl bei Thembi
Glücklich die Fahrt lebendig überstanden zu haben sind wir hier bei Youth Alive auf dem Platz angekommen. Unser Bus wurde auch gleich von einer Horde Kinder empfangen aus denen heraus Thembi mit den Worten „Yes it’s me.“ trat. Nach einer herzlichen Begrüßung mit ihm durften wir auch endlich die zur Begrüßung gehörigen Floskeln „How are you?“ „Fine, and you.“ austauschen. Welche uns übrigens das ganze Wochenende begleiteten, uns dann allerdings irgendwann die kreativen Antworten ausblieben. Nach einer halben Stunde kennen lernen der Youth Alive Jugendlichen, packte Thembi uns und unser Gepäck in sein Auto und wir brachen auf, das erste mal unseren Schlafplatz zu sehen. Unterwegs mussten wir noch einen Zwischenstop einlegen, da die Polizei der Meinung war, eine allgemeine Fahrzeug- und Waffenkontrolle durchführen zu müssen. Noch von der regelkonformen deutschen Polizeiarbeit verwöhnt wurden wir aus unserer Traumwelt gerissen als ein Polizist in zivil kurzerhand seine Pistole aus dem Hosenbund zog und uns unter unsere Nasen hielt. In Thembi’s Haus packten wir nur kurz unsere Sachen ab und waren gleich wieder in der Spur um das Nachtleben Sowetos zu erkunden. Unser Weg führte uns in das `The Rock`, eine Bar für Jugendliche die ihr eigenes Geld verdienen. Zum Abend gab es ein Essen, wie aus einem Bilderbuch. Wir konnten aus dem reichhaltigem Angebot von 3 Speisen wählen, die man anhand eines Fotos identifizieren musste. Um den Abend abzurunden zeigte uns Thembi noch eine andere Möglichkeit den Abend zu verbringen. Etwas versteckt in einem Hinterhof sahen wir wie Jugendliche mit weniger Geld feierten. Laute Musik, Poolbillard an einem etwas älter erscheinendem Tisch und Bier aus Literflaschen. Aber auch hier war die Stimmung gut und wir wurden herzlichst aufgenommen. Viel anders als das Nachtleben deutscher Jugendlicher ist das der sowetischen auch nicht. Wieder in Thembis Haus angekommen mussten wir gleich das Fernsehprogramm testen. Schnell wurde uns jedoch klar, dass wir an den 4 Programmen, von denen auch noch 2 relativ schwer zu erkennen waren keinen Spaß haben würden. Also entschieden wir uns schlafen zu gehen. Der nächste Morgen startete mit einem an Amerika erinnernden Frühstück bei `Wimpy`. Weiter ging es mit einem Erkundungsspaziergang durch die Gegend in der Thembi groß geworden ist. Überraschend war für uns nicht nur die Tatsache, dass wir sowohl auf der Strasse als auch in einigen Häusern sehr freundlich empfangen wurden sondern auch das Thembi scheinbar alle Leute in der Umgebung kannte. So hatten wir das Glück die verschiedensten Wohnmöglichkeiten zu sehen und festzustellen das man in Zweizimmerwohnungen (verdammt klein) genauso leben kann wie in einem Haus (normale Wohngröße). Das traditionell südafrikanische Essen, das Kota genannt wird besteht aus Brot gefüllt mit Pommes, etwas ähnlichem wie Leberkäse, Käse und Bratwurst und wurde von uns in einem traditionell südafrikanischem Jugendzimmer, das sich meist in einer kleinen Hütte oder einer ehemaligen Garage befindet gegessen. Selbst in diesen etwas bescheidenen Zimmern ist jedoch häufig für einen guten Klang gesorgt, da meist eine gute Stereoanlage vorhanden ist. Als es wieder auf die Strasse ging kamen uns mehrere große Busse mit Leuten entgegen. Thembi erklärte uns, dass die Personen gerade von Beerdigungen kommen würden. In Soweto ist es normal, dass bei solchen Anlässen große Zelte gemietet werden, die auf der Strasse aufgebaut werden und so die ganze Strasse blockieren. In diesen wird dann der restliche Tag mit Essen und Trinken mit allen Verwandten und Bekannten verbracht. Genau das gleiche Bild erblickten wir bei einer Unveiling. In Südafrika wird das Grab nach dem Setzen des Grabsteines mit persönlichen Sachen eingehüllt und diese werden dann nach ungefähr 2 Jahren entfernt und somit das Grab für alle sichtbar freigegeben. An diesem Tag treffen sich wiederum alle Bekannten und Verwandten um den ganzen Tag zu feiern. Dann war es für uns auch schon an der Zeit aufzubrechen, da Thembi uns mit zu Youth Alive nahm, wo sich junge Christen zu einer Gesprächsrunde trafen. Dieses mal war das Thema Selbstmord. Wir hingen ungefähr 2 Stunden rum. Anschließend fuhren wir noch kurz, wieder mit einem Bekannten von Thembi im Schlepptau, bei Thabi vorbei, da Florian noch Hanna sehen wollte. Ein weiteres Fast- Food Abendessen, dieses mal bei KFC und es ging ab in die Heia. Wer steht an einem Sonntag schon freiwillig um 7.45 Uhr auf ? Wir! Kurz unter die Dusche, damit man einigermaßen fit war und dann fuhren wir in die Grace Bible Church um gemeinsam mit ca. 5000-6000 Menschen den 9.00 Uhr Gottesdienst zu zelebrieren. Von Anfang an war uns klar, dass dies kein normaler Gottesdienst werden würde. Die Kirche erinnerte mehr an eine Mehrzweckhalle und der Gottesdienst selbst an ein großes Gospelkonzert, welches die Massen zum aufstehen und mitsingen animierte. In Deutschland hätte der Pastor durch seine Agilität und sein anheizen auch gut als Motivationskünstler durchgehen können. Nach einem für deutsche Verhältnisse langem Gottesdienst (2,5 Std.) fuhren wir gleich zum nächsten Gottesdienst, der in einer weit kleineren Kirche stattfand, da er uns den Unterschied zu der Grace Church zeigen wollte. Außerdem predigte hier seine Mutter. Schon ein Unterschied zeigte sich in der Sprache, während in der GBC englisch gepredigt wird, spricht man in den kleineren Kirchen die verschiedenen afrikanischen Sprachen. Daraus folgt, dass der Gottesdienst, also die volle Stunde, nicht ganz so interessant für uns war. Nur einmal waren wir im Geschehen, als Thembis Mutter uns angrinste und sich alle Köpfe zu uns umdrehten. Und weil wir noch nicht genug hatten gingen wir mit Thembi noch in eine weitere Gesprächsrunde mit jungen Christen. Dieses mal war das Thema ’Single Parents’. Und ehe wir uns versahen war es schon 14.30 Uhr. Thembi wurde langsam auch etwas unruhig, da um 15.00 Uhr im TV das große Fußballderby zwischen den Orlando Pirates und den Kaizer Chiefs stattfand. Pünktlich kamen wir bei seinen Eltern an, die bereits ein leckeres Mittagessen für uns gekocht hatten. Hey, kein Fast-Food! Zum Glück gab es keine Verlängerung, da wir gegen 18.00 Uhr schon im YAM sein sollten. Schnell wie der Wind sausten wir zu Thembis Haus holten unsere 7 Sachen und trafen pünktlich auf die anderen Regenbogenbauer. Das Wochenende war von vielen neuen Erfahrungen geprägt und wir sind froh über die Zeit, die wir in der Familie verbringen durften. Wir hatten mit Thembi einen sehr guten Stadtführer.