Tagebuch

Samstag, der 25. Juli 1998
Rückblick auf die Diskussion über AIDS und Kriminalität, Besichtigung von Johannesburg, Diskussionsthema Glaube
Nachdem wir immer um 7.30 Uhr - es kann auch 8.30 oder gar 9.30 Uhr gewesen sein - gefrühstückt haben, setzte Abe sich noch einmal mit uns zusammen, um über die Diskussion des letzten Abends zu sprechen. Er schien ein wenig unzufrieden, da er glaubt, daß die Antworten, die wir bekommen haben, etwas unklar waren, und daß meistens um das Wesentliche herumgeredet wurde. So schlug er ein erneutes Zusammentreffen zum besseren Verständnis vor. Allerdings begann er schon jetzt auf die beiden Themen Kriminalität und AIDS viel intensiver einzugehen, als es am Abend der Fall war. So findet er, daß die Kriminalität in SOWETO ein ein viel größeres Problem ist, als die Jugendlichen es gestern Abend erzählt haben. Das Problem ist, daß viele Menschen die Gangster - auch wenn sie stadtbekannt sind - aus lauter Angst nicht anzeigen. Und wenn dann doch mal einer angezeigt wird, so wird er meistens nicht festgenommen, da entweder keine handfesten Beweise zu finden sind, oder weil sich die Polizei bestechen läßt. Das Thema "AIDS" war für die meisten von uns sehr schockierend. Abe bezeichnete den HIV-Virus als eine "Zeitbombe", die früher oder später mehr oder weniger vernichtend hochgehen wird. So erzählte er uns, daß im letzten September festgestellt wurde, daß 90% der SchülerInnen HIV-positiv sind, und daß an einer weiteren Schule vor etwa einem halben Jahr eine Rate von 86% herausgefunden wurde. Eines der Probleme ist, daß AIDS von vielen Jugendlichen als eine "Lüge der Erwachsenen" abgetan wird, die erfunden wurde, um die Jugendlichen dazu zu bringen, erst nach der Hochzeit Sex zu haben. Hinzu kommt noch, daß AIDS sehr häufig - sogar von Lehrern verleugnet wird, und daß, wenn jemand daran stirbt, die Familien erzählen, derjenige sei an Tuberkulose oder Lungenentzündung gestorben. So glauben viele der Jugendlichen weiterhin daran, daß es AIDS gar nicht gibt. Nach dieser Diskussion fuhren wir nach Johannesburg, wo wir uns zunächst das "Carlton Center" anschauten und so Johannesburg vom höchsten Gebäude Afrikas betrachten konnten. Nach einer Rundreise durch die Vorstadt - in der fast ausschließlich Weiße wohnen - fuhren wir auf den "Flea Marcet World". Nach einem kleinen Mittagessen konnte jeder für sich 1 1/2 Stunden herumlaufen, schauen, kaufen und handeln oder wozu auch immer er gerade Lust hatte. Nach unserer Rückkehr ins Center ging das Diskutieren wieder los. Thema: Glaube - Was bringt dich zum Durchhalten? - Würde Gott dich vor die Wahl stellen: würdest (könntest) du dich vom Glauben abwenden? Der erste Eindruck, den fast alle im Laufe dieser Diskussion empfanden. war der, daß die meisten dieser Menschen sehr extrem sind, was ihren Glauben betrifft. Sara Graf